Bitterer Nachgeschmack - Anthologie by Claudia Senghaas & Iny Lorentz

Bitterer Nachgeschmack - Anthologie by Claudia Senghaas & Iny Lorentz

Autor:Claudia Senghaas & Iny Lorentz [Senghaas, Claudia & Lorentz, Iny]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783839214688
Google: qLbZmwEACAAJ
Amazon: 3839214688
Herausgeber: Gmeiner Verlag
veröffentlicht: 2013-08-04T22:00:00+00:00


Susan Hastings

Paradies Nr. 13

LANGSAM SCHLENDERTE FRIEDHELM EBERLEIN den Hauptweg der Gartensparte ›Paradies‹ entlang und atmete tief ein. Es duftete nach Gras, Blumen und feuchter Erde. Er bedauerte, selbst keinen grünen Daumen zu besitzen, um solch einen Garten zu bewirtschaften. Doch ab und zu zog es ihn zu seinem alten Freund Erwin Fröschle, der diesen grünen Daumen besaß. Vor dem Gartentor mit der Nummer 13 blieb Eberlein stehen. »Erwin, bist du da?«

Es blieb still zwischen den Stauden, Viertelstammobstbäumen und sorgsam angelegten Gemüsebeeten.

»Erwin?«

Friedhelm Eberlein war sich sicher, dass sein alter Freund bei diesem schönen Wetter in seinem grünen Paradies weilte.

»Erwin!« Er drückte die Klinke herunter. Das Tor war offen. Etwas besorgt und nur zögernd betrat er Erwins Garten. Friedhelm Eberlein war pensionierter Kriminalkommissar und ein Mann, der es mit der Gesetzestreue sehr genau nahm. Man betrat nicht einfach fremden Grund und Boden, auch wenn es der Garten eines Freundes war.

»Erwin!« Beunruhigt bog er vor der Laube in einen kleinen Querweg ein - und blickte in die Mündung eines Luftgewehrs.

»Zum Teufel, was machst du da? Du hast mich jetzt aber erschreckt.«

»Du mich auch.« Erwin Fröschle ließ das Gewehr sinken und atmete schwer aus. »Ich wusste ja nicht, dass du es bist.«

Eberlein schüttelte den Kopf. »Wen hast du denn erwartet? Ich habe mehrmals gerufen.«

Erwin Fröschle antwortete nicht, ging an ihm mit schleppenden Schritten vorbei zur Gartenlaube und ließ sich auf die Bank davor sinken. »Ich muss auf der Hut sein«, murmelte er.

Eberlein folgte ihm und setzte sich neben ihn. »Vor wem? Wirst du bedroht?«

Fröschle schüttelte den Kopf. »Ich nicht. Aber es könnten Spione kommen.«

Eberlein lachte auf. »Nun mach mal einen Punkt! Hast du zu viel fern geschaut?«

»Du hast gut lachen«, erwiderte sein Freund. »Ich muss mit allem rechnen. Willste ein Bier?«

Eberlein wischte sich ein paar Schweißperlen von der Stirn. Einen Moment hatte ihm Erwin Fröschle tatsächlich Angst eingejagt. »Ein Bier ist nicht zu verachten.«

Erwin Fröschle erhob sich und verschwand in der Gartenlaube. Eberlein hörte die Kühlschranktür zufallen. »Und stell das Gewehr weg!«, rief er hinterher. »Es könnte sonst noch einen Unfall geben.«

»Unfall?« Fröschle kehrte mit zwei Flaschen und einem Öffner zurück. »Ich meine das ernst.«

»Nun sag, was los ist. Kann ich dir helfen?«

Fröschle öffnete umständlich die Flaschen und schob eine seinem Freund hin. »Auf den Sieg«, sagte er und nahm einen tiefen Schluck.

»Auf welchen Sieg?«

»Im Rosenwettbewerb.«

»Ach, ist es wieder so weit?« Eberlein kannte die vielen Pokale, die sich in Fröschles Laube auf dem Regal reihten. Er blickte sich um. Überall im Garten gab es Rosen, entlang des Weges auf den sorgfältig gepflegten Rabatten, kletternde Rosen über einem Torbogen mittendrin, eine Rose an der Wand der Laube und in einem speziellen Beet ein imposanter Wechsel aus Rosenstämmchen und Teehybriden. Es gab Rosen in allen Farben und Blütenarten. Ja, Erwin Fröschle verstand etwas von diesen Schönheiten.

»Warum solltest du nicht gewinnen? Die sind doch wundervoll.« Er machte eine ausholende Armbewegung. »Oder hast du ernsthafte Konkurrenz gekriegt?« Er unterdrückte ein Grinsen und hob schnell die Flasche an die Lippen.

»Konkurrenz?« Erwin Fröschle lachte hart auf. »Die fürchte ich nicht. Aber es darf niemand vorher erfahren, was ich.



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